Körper, Stimme, Haltung online trainieren

Konzept und Praxisanwendungen einer digitalen Selbstlernplattform

von Maria Luise Gebauer, Maxi Mercedes Grehl, Friderike Lange

 

Schlüsselwörter

Stimme, Kommunikation, Sprechbildung, Selbstlernplattform, Onlinekurs

Zusammenfassung

Körper·Stimme·Haltung ist eine kostenlose multimediale Lernplattform. Seit 2020 wird das Material in der Lehrkräftebildung im Bereich Stimme und Kommunikation an mehreren Universitäten erfolgreich verwendet, um Studierende bei der Erarbeitung verbaler und nonverbaler Kommunikationsstrategien zu unterstützen. In der Praxisanwendung kann das Material auf vielfältige Weise zum Einsatz kommen. Nutzungsdaten und Bewertungsstudien zeigen, dass die Arbeit mit der Lernplattform sowohl aus Sicht der Studierenden als auch aus Sicht der Lehrenden gewinnbringend ist.

 

Keywords

voice, communication, speech training, self-study platform, online course

Abstract

Körper·Stimme·Haltung is a free multimedia learning platform. Since 2020, the material has been used successfully in teacher training at several universities. The aim of the learning platform is to support students in developing verbal and non-verbal communication strategies. In practice, the material can be used in a wide variety of ways. User data and evaluations show that the material are beneficial for both students as well as educating staff in the field of voice and communication in teacher training.

 
 

1 Hintergrund, Ziele und Aufbau der Selbstlernplattform Körper·Stimme·Haltung

1.1 Hintergrund und Ziele

Um den Anforderungen des Berufsalltags einer Lehrkraft gerecht zu werden, bedarf es nicht nur der Ausbildung einer profunden fachlichen Kompetenz und der Entwicklung methodischer und didaktischer Vielfalt – auch stimmliche Leistungsfähigkeit und nonverbale Kommunikationskompetenz spielen eine entscheidende Rolle. Wer die Wirkung der Stimme und des Körperausdrucks gekonnt und zielsicher einsetzt, wird gehört, gesehen und verstanden. Eine Stimme, die die inneren und äußeren Impulse der Lehrkraft im Schulalltag flexibel abbildet, wirkt sich unmittelbar auf das Selbstbewusstsein und die Sicherheit der Lehrkraft im Unterricht aus und trägt damit auch positiv zur Lernatmosphäre bei (Voigt-Zimmermann, 2011, S. 274 f.).

Lehrkräfte verbringen ihren gesamten Arbeitstag sprechend. Sie gehören zur Gruppe der Berufssprecherinnen und Berufssprecher. Die stimmliche Belastung und damit einhergehend das Risiko, stimmkrank zu werden, sind demnach sehr hoch (u. a. Mattiske et al., 1998; Sick, 2019; Heeg, 2022). Dies hat nicht nur negative Auswirkungen auf die Lehrperson selbst, sondern auch auf das Lernverhalten der Klasse. Zahlreiche Studien belegen, dass heisere, überbelastete Stimmen Aufmerksamkeitsverlust, geringere Erinnerungsfähigkeit sowie Disziplinprobleme bei den Lernenden verursachen (u. a. Voigt-Zimmermann, 2011, S. 273). Untersuchungen der Universität Leipzig zeigten, dass bereits über 37 % der untersuchten Lehramtsstudierenden verschiedener Hochschulen bundesweit ihre Stimme nicht optimal nutzen oder eine Stimmstörung haben (Lemke, 2006, S. 26). Laut Fuchs (2016, S. 113) steigt das Risiko einer Stimmerkrankung bei Lehrkräften um das 1,6-Fache, wenn eine Stimmausbildung während des Studiums fehlt. Nusseck et al. (2021, S. 445) konnten belegen, dass stimmlich geschulte Lehrkräfte im Vergleich zu stimmlich nicht geschulten Lehrkräften auch langfristig signifikant höhere Werte erzielen hinsichtlich Stimmqualität, Bewusstsein für den Stimmgebrauch und mentaler Gesundheit. Es ist also dringend notwendig, die Zielgruppe bereits während des Studiums für ihre Stimme und Sprechweise und damit einhergehend auch hinsichtlich ihrer nonverbalen Körperausdrucksmittel zu sensibilisieren.

Aus diesem Grund ist das Lehramtsspezifische Schlüsselqualifikationsmodul (LSQ) mit dem Modulteil Kommunikation und Stimme an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) für die Studierenden aller Schulformen und Lehramtsfächer obligatorisch. Das Ziel des Modulteils ist die Entwicklung stimmlicher und kommunikativer Kompetenzen und Handlungsstrategien für den zukünftigen Berufsalltag. Um die Lehre in diesem Bereich mit einem multimedial angelegten Lernangebot zu unterstützen, wurde 2018 am Zentrum für Lehrer:innenbildung der MLU ein auf zwei Jahre angelegtes Projekt ins Leben gerufen. Bei der Konzeption gab es unterstützende Kooperationen mit der Abteilung Sprechwissenschaft und Phonetik der MLU sowie der Arbeitsgemeinschaft Sprechen im Lehrberuf, einer Initiative des mitteldeutschen Berufsverbands für Sprechwissenschaft und Sprecherziehung (MDVS e. V.). Das Projekt wurde aus Hochschulpakt-Mitteln des BMBF gefördert.

Entstanden ist dabei die Selbstlernplattform Körper·Stimme·Haltung (im Folgenden: KSH), die im März 2020 fertiggestellt wurde und online ging (KSH, 2020).

Die Selbstlernplattform richtet sich an Studieninteressierte, Studierende, Lehrkräfte im Vorbereitungsjahr sowie im Schuldienst. Sie hat das Ziel, angehenden und erfahrenen Lehrkräften die Wirkung von Körperausdruck, (innerer) Haltung, Stimme und Aussprache bewusst und erlebbar zu machen. Das angebotene Material aktiviert und befähigt dazu, die eigenen körperlichen und stimmlichen Ausdrucksmittel zu beobachten, zu reflektieren und zu trainieren (Grehl & Lange, 2020, S. 48). Ziel ist es, dabei eine Wahrnehmungsförderung von körpereigenen Prozessen und deren Auswirkungen auf die Kommunikation hinsichtlich der Funktionsabläufe Atmung, Körperhaltung, Körperausdruck, Stimmgebung und Artikulation zu erreichen. KSH fokussiert darüber hinaus die Entwicklung verbaler und nonverbaler Kommunikationsstrategien und die Selbstregulation der Lehrkräfte im Hinblick auf Stressbewältigung und stimmliche Gesunderhaltung. Die praxisnah aufbereiteten Inhalte sollen die Nutzenden motivieren, sich selbstständig auszuprobieren und die Strategien in den späteren Berufsalltag zu übertragen.  Im Idealfall ergibt sich daraus eine Steigerung der Professionalität, des Selbstwirksamkeitserlebens und der Resilienz.

1.2 Aufbau und Material

KSH bietet verschiedene Wissens- und Übungsressourcen. Die einzelnen Elemente können unabhängig voneinander rezipiert und didaktisch eingesetzt werden. Gleichzeitig können, folgt man der vorgeschlagenen Abfolge der Übungsbausteine, die Ressourcen auch als aufeinander aufbauender Onlinekurs absolviert werden. Die kostenlose Selbstlernplattform ist als Open Educational Ressource unter einer CC-Lizenz veröffentlicht und über die Internetseite https://koerperstimmehaltung.zlb.uni-halle.de/ und den YouTube-Kanal Körper Stimme Haltung frei zugänglich.

KSH teilt sich in die Bereiche Basis und Thema. Unter Basis sind mögliche Verwendungsszenarien der Lernplattform, Videos mit Ideen für Wirkungsstrategien zu den Themen Lampenfieber, Wahrnehmung und Interaktion sowie weiterführende Adressen und ein Literaturverzeichnis zu finden.

Im Bereich Thema befindet sich jeweils ein Kapitel zu den Funktionskreisen des Sprechens: Körper, Atmung, Stimme und Aussprache. Jedes dieser vier Kapitel enthält ein Erklärvideo, ein Wissensquiz zur Hörschulung und Festigung des Gelernten, zahlreiche Übungsvideos mit Schritt-für-Schritt-Anleitung zum Nachmachen sowie Lifehacks mit Beispielen für den Transfer in den Alltag und Literaturhinweise. Die Kapitel sind so angelegt, dass sie aufeinander aufbauen und nacheinander durchgeführt werden können.

Ziel war es, leicht rezipierbares, abwechslungsreiches Material zu schaffen, das die Themen verständlich transportiert, zum Üben motiviert und gleichzeitig den Mediennutzungsgewohnheiten der Zielgruppe (Guo, Kim & Rubin 2014, S. 2) entspricht. Aus diesem Grund wurde der Einsatz von Videos forciert. Die KSH-Videos haben eine Länge von maximal sechs Minuten und sind von hoher Bild- und Tonqualität. Um die Verständlichkeit zu sichern, wurde mit Animationen und Einblendungen gearbeitet und auf eine einfache und zugängliche Sprache geachtet (Schmelzle, 2014). Die Übungen und Erklärungen wurden stets in Situationen des Schulalltags eingebettet.

Übungen zu Stimme und Körperausdruck können mitunter als sehr ungewohnt empfunden werden. Um die Rezipierenden zu motivieren und zu aktivieren, sind die ausgewählten Übungen einfach durchzuführen, in ihrem Aufbau eindeutig nachvollziehbar und dadurch weniger fehleranfällig. Um die Nahbarkeit zu erhöhen, wurde auf eine lockere, persönliche und humorvolle Ansprache gesetzt. Darüber hinaus spielt die sprecherische Vorbildfunktion der Darstellenden eine Rolle: Alle Personen, die in den Videos zu sehen und/oder zu hören sind, verfügen über eine sprechwissenschaftliche Hochschulausbildung. Eine Darstellerin hat außerdem eine abgeschlossene Berufsausbildung als Logopädin, ein Darsteller verfügt über ein abgeschlossenes Schauspielstudium.

Im Folgenden werden die verschiedenen KSH-Videoformate (Wirkungsstrategien, Erklär-, Übungs-, Hackvideos) sowie weitere Zusatzmaterialien der Lernplattform im Einzelnen vorgestellt.

1.2.1 Wirkungsstrategien

Die Wirkungsstrategien dienen dazu, die Nutzenden durch die Darstellung typischer Problemsituationen (Lampenfieber, Konfrontationen vor der Klasse oder Konflikte in der Lerngruppe) einzuladen, über ihre Emotionen, ihre Interaktionsweise und ihre Wahrnehmung zu reflektieren. Außerdem soll dabei eine Sensibilisierung über die Rolle der verschiedenen Funktionskreise des Sprechens (Haltung, Atmung, Stimme, Aussprache) in diesen Situationen erfolgen.

Im Video zur Wirkungsstrategie Lampenfieber beispielsweise begleiten wir eine junge Lehrerin durch ihren Schulalltag, die von Selbstzweifeln und Lampenfieber geplagt wird. Das Lampenfieber wird in Gestalt eines grünen Männchens visualisiert. Es bringt u. a. die Hände und die Stimme zum Zittern und steht ihr buchstäblich im Weg. Wir sehen in der zweiten Hälfte des Videos, wie sich die Protagonistin mithilfe von verschiedenen Selbstregulierungstechniken (aus den Kapiteln Körper, Atmung, Stimme und Aussprache) beruhigt.

Abb. 1: Szenenbeispiele zum Wirkungsstrategievideo Lampenfieber

1.2.2 Erklärvideos

Die Erklärvideos haben zum Ziel, den Nutzenden essenzielles Basiswissen zu den Komplexthemen Stimme und Wirkung im Lehrberuf zu vermitteln und sie für deren Einflussfaktoren und Zusammenhänge zu sensibilisieren. Eine theoretische Grundlage ist für die im Anschluss folgenden praktischen Angebote in Form der Übungsvideos wichtig, damit diese leichter nachvollzogen werden können.

Die Erklärvideos beschränken sich pro Kapitel auf ein Video und beinhalten die grundlegenden und wichtigsten Funktionsweisen des Sprechens. Das Setting und die Struktur sind immer gleich: Zwei Protagonistinnen erklären in einem Klassenzimmer humorvoll und im dynamischen Dialog die wichtigsten Fakten und Zusammenhänge. Veranschaulicht werden diese Erklärungen durch Beispiele, Einblendungen und Animationen. Die Aufbereitung der Inhalte orientiert sich an den Qualitätskriterien nach Kulgemeyer (2018), z. B. Adaptation an den Wissensstand, Verwendung von Beispielen, klare Struktur, Verdeutlichung der Relevanz, angemessene Sprachebene und direkte Ansprache (ebd., S. 10).

Das Erklärvideo für die Atmung beginnt beispielsweise mit einer Animation verschiedener Lehrpersonen, die durch den Schulalltag außer Atem gekommen sind, und zeigt, wie sich dies auf deren Stimmen auswirkt. Die Atembewegungen des Zwerchfells und der Lunge werden durch eine Animation veranschaulicht. Darüber hinaus werden Funktionsweisen und Phänomene erklärt, z. B. der Zusammenhang zwischen Atmung, Emotionen und Selbstregulation. Am Ende eines jeden Erklärvideos folgt eine Überleitung zu passenden Übungsvideos.

Abb. 2: Animationsbeispiele aus dem Erklärvideo Atmung

1.2.3 Übungsvideos

Die Übungsvideos bilden den Hauptteil der Lernplattform. Ein Kapitel beinhaltet mindestens drei Übungsvideos, insgesamt gibt es 15 Übungsvideos. Sie dienen dem selbstständigen Trainieren der verschiedenen Funktionskreise des Sprechens. Die Nutzenden können sich in den stimmrelevanten Bereichen praktisch ausprobieren, um sie für sich erlebbar zu machen. Dabei nehmen die einzelnen Videos Bezug aufeinander und das Übungsniveau wird fortwährend gesteigert. So wird zunächst mit Übungen zur Wahrnehmung und Sensibilisierung begonnen, um dann mit komplexeren Sequenzen zur aktiven Nachahmung und bewussten Verstärkung fortzufahren.

Eine Besonderheit aller Übungsvideos stellt die Gestaltung des Drehortes dar. Das Aufnahmeset sorgt für eine vertraute und sichere Stimmung, sodass Übungen mit einem höheren Maß an Intimität ungehemmt durchgeführt werden können. Zudem wird durch die Wohnzimmeratmosphäre die Einfachheit der Übungsumsetzung transportiert, die keiner aufwendigen Vorbereitung der Räumlichkeit bedarf. Alle Übungen werden von dem gleichen Team – Freja, Maxi und Stephan – durchgeführt.

Abb. 3: Szenenbeispiele aus den Übungsvideos Kiefer lockern, Präsent sein und Atem trainieren

Beim Übungsvideo Stimme finden zeigen die beiden Darstellenden Stephan und Freja abwechselnd unterschiedliche Methoden, um den Sitz der eigenen Stimme zu entdecken. Wichtig hierbei ist, dass durch die Beiden auch unterschiedliche Stimmlagen repräsentiert werden, um möglichst alle Stimmen anzusprechen. Bei der Auswahl der Übungen wurde darauf geachtet, dass sie visuell und auditiv einfach zu erklären sind und kein Zusatzmaterial benötigt wird. Verwendete Lautreihen oder Wörter werden stets als Text eingeblendet. Durch Pausensequenzen können die Nutzenden ihrem individuellen Tempo nachgehen. Die Übungsvideos bauen aufeinander auf. Das Kapitel Stimme beginnt mit den Videos Stimme lockern I, Stimme lockern II, Stimme finden, Stimme füllen, Stimme kräftigen und mündet ins Workout Stimme. In diesem werden zahlreiche Übungen in einen Ablauf für das regelmäßige Üben gebracht. Das Workout Stimme ist eines der wenigen Videos mit einer Spieldauer von über sechs Minuten.

 1.2.4 Hackvideos

Für Nutzende kann es unter Umständen sehr herausfordernd sein, sich auf teilweise ungewohnte Übungen einzulassen und diese durchzuführen. Die daran anschließende, meist viel größere Herausforderung ist der Transfer in den Alltag. Um diesen Prozess anzuregen, wurden die Hackvideos entwickelt. Die Bezeichnung basiert auf dem englischen Wort (Life-)Hack, welches simple oder unkonventionelle Wege zur Lösung oder Vereinfachung alltäglicher Anforderungen beschreibt (Mauritz, 2022). Ziel dieses Videotyps ist es, die Nutzenden zur Integration der zuvor gemachten Erfahrungen in ihren Alltag zu motivieren. Die lockere Ansprechhaltung soll die Lust am Ausprobieren steigern. Zudem erhöht die humorvolle Aufbereitung der Hackvideo-Inhalte den Unterhaltungswert der gesamten Lernplattform und verstärkt somit die Identifikation mit derselben.

Bezogen auf den Komplexbereich Sprechen werden in den Hackvideos unkomplizierte Möglichkeiten für die Übertragung des Wissens aus den Erklärvideos und der praktischen Fähigkeiten aus den Übungsvideos in den privaten und beruflichen Alltag werdender und erfahrener Lehrkräfte dargestellt. Um die hohe Bandbreite der Anwendungsmöglichkeiten der Hacks hervorzuheben, wurden für die Filmaufnahmen verschiedene Drehorte genutzt. Szenische Umsetzungen in privaten Wohnräumen, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder Klassenzimmern sollen authentisch wirken und für Abwechslung sorgen. In dem Hackvideo Stimme im Alltag beispielsweise sehen wir verschiedene Personen an der Haltestelle, auf dem Schulhof, vor dem Computer oder beim Korrigieren von Klassenarbeiten, die gähnend seufzen, ihre Stimme ausklopfen, beim Kauen genüsslich ihre Stimme erklingen lassen, gurgeln und beim Autofahren mit den Lippen flattern.

Abb. 4: Szenenbeispiele aus den Hackvideos Aussprache im Alltag und Stimme am Morgen

1.2.5 Zusatzmaterial

Zusätzlich zu den Videos gibt es weiteres Material zum Vertiefen einzelner Schwerpunkte. Um regelmäßig an der eigenen Entspannungsfähigkeit zu arbeiten, bietet die Lernplattform zwei Audioaufnahmen: eine Traumreise und eine Anleitung zur Progressiven Muskelrelaxation (PMR) nach Jacobson (Hofmann, 2020). Dabei wurde auf eine hohe Ton- und Sprechqualität geachtet. Die Dauer beträgt jeweils 15 Minuten.

Ein weiteres Angebot zielt auf die Aussprache: Hier bietet KSH Übungsblätter mit passenden Ausspracheübungen für wiederkehrende Auffälligkeiten zur individuellen Förderung an. Das Handout zum Thema Stimmhygiene gibt Tipps zur Stimmpflege im Alltag und zur Verwendung stimmschonender Strategien im Unterricht. Ein wiederkehrender Baustein der Kapitel sind Quizze, durch die nicht nur Wissen abgefragt wird, sondern die vor allem der Hörschulung bezogen auf mögliche Stimm- und Sprechauffälligkeiten dienen. Diese Hörschulung ist eine wichtige Voraussetzung für die eigene stimmliche und sprecherische Sensibilisierung. Jedes Aufbaukapitel schließt mit einer ausführlichen Literaturliste zu Standardwerken der Sprecherziehung, Übungsbüchern und weiterer Fachliteratur zu den jeweiligen Schwerpunkten.

Folgt man der vorgeschlagenen Abfolge der Übungsbausteine, kann KSH als aufeinander aufbauender Onlinekurs absolviert werden. Die einzelnen Elemente sind jedoch auch unabhängig voneinander in verschiedenen didaktischen Szenarien praktisch anwendbar. Der folgende Abschnitt bietet einen Überblick über drei bereits praktisch erprobte Anwendungsszenarien.

1.3 Anleitung zum Kurs

Auf der Selbstlernplattform finden sich unter Basis | Anleitung zum Kurs drei kurze Anleitungsvideos – jeweils eins für Anfänger, Fortgeschrittene und Profis. In diesen Videos wird mittels Screencast in wenigen Minuten erklärt, wie der Kurs aufgebaut ist und wie man sich, je nach Fortschritt, ein individuelles Übungsprogramm zusammenstellen kann. In diesem Zusammenhang wird unter Basis | Hintergrund auch darauf hingewiesen, dass zusätzlich zum Onlinekurs relativ zeitig in der Berufslaufbahn ein Präsenz-Stimmtraining absolviert werden sollte: „Dort bekommst du ein direktes Feedback zu deiner Stimme bzw. deiner Wirkung. Diese wichtige und individuelle Rückmeldung können wir dir in diesem multimedialen Format nicht bieten.“ (KSH 2020). In der sich anschließenden Linkliste wird auf diverse Kontakte und Trainer:innenverzeichnisse u. a. der DGSS verwiesen.

2. Mögliche Szenarien und Settings zur Praxisanwendung

2.1 Asynchroner Kurs – Lerntagebuch

An der MLU wird für die Studierenden des Lehramts aller Schulformen und aller Fächer verpflichtend das Lehramtsspezifische Schlüsselqualifikationsmodul Kommunikation und Inklusion angeboten. Die Lehrveranstaltungen haben das Ziel, angehende Lehrkräfte auf künftige kommunikative, rhetorische sowie stimmliche Herausforderungen in Ausbildung und Beruf vorzubereiten. Dazu erhalten die Studierenden praktisch anwendbares Wissen über Kommunikation, Feedbackkultur, Gesprächsführung sowie ihre eigene kommunikative Wirkung. Sie lernen, ihre Wahrnehmung für kommunikative Ereignisse zu schärfen, und erweitern ihre Analyse- und Feedbackkompetenzen. In Einzel- und Gruppenübungen werden zudem zahlreiche nachhaltige Strategien für eine physiologische, belastbare und variable Sprechstimme entwickelt. Dabei ist hervorzuheben, dass die Seminare Übungscharakter haben und stark von der Gruppendynamik, der direkten Begegnung im Raum und dem Austausch miteinander geprägt sind.

Um der Aussetzung der Präsenzlehre mit Beginn der Pandemie bestmöglich zu begegnen, wurde ein asynchroner Kurs zur selbstständigen Bearbeitung konzipiert: LSQ Kommunikation und Stimme digital (Gebauer, Grehl & Lange, 2022, S. 23). Der Kurs besteht aus einem 15-seitigen ausfüllbaren Reflexions- und Arbeitsheft mit sieben Kapiteln. Alle Kapitel sind folgendermaßen aufgebaut: 1. Einführungstext, 2. Aufgaben, 3. vertiefende Fragen zu den Inhalten sowie 4. eine abschließende Reflexionsfrage zu einem ausgewählten Übungsvideo von KSH. Die wiederkehrende Reflexionsfrage zu diesem Baustein lautet: „Ich habe gerade das Übungsvideo [verlinkte KSH-Ressource] gemacht. Das ist bei mir passiert:“ (Asynchroner Kurs, 2021, S. 5). Die verlinkten Videos von KSH bilden damit eine zentrale Säule im asynchronen Kurs. Durch den Fokus auf die körperliche Wahrnehmung und das bewusste Erleben der eigenen funktionellen Abläufe zu Haltung, Atmung, Stimme und Aussprache bekommt das Arbeitsheft Lerntagebuchcharakter.

An der MLU erhielt der asynchrone Kurs LSQ Kommunikation und Stimme digital aufgrund seiner Methodenvielfalt, seiner Struktur und der Videos von KSH im Jahr 2021 den @ward-Preis für herausragende multimediale Lehrkonzepte und -methoden (Lange, 2021). Ergebnisse aus der offiziellen Lehrveranstaltungsevaluation, die sich auf die KSH-Elemente des Kurses beziehen, werden in Abschnitt 3.4 vorgestellt.

2.2 Selbstreflektiertes Stimmtraining – Portfolioarbeit

Nach drei Semestern asynchron-digitaler Lehre sind die Seminare zu Kommunikation und Stimme an der MLU selbstverständlich wieder vollständig zur Präsenzlehre zurückgekehrt. Die positiven Erfahrungen mit der Anwendung der KSH-Videos als Basis für ein lerntagebuchbegleitetes Stimmtraining führten zur Konzeption der E-Portfolios als Prüfungsleistung im Modulteil Kommunikation und Stimme. Die E-Portfolios werden seit dem Wintersemester 2022/23 seminarbegleitend eingesetzt mit dem Ziel, das erworbene Wissen durch eine intensive Reflexion nachhaltiger zu verankern. Neben der Erwartungsabfrage zu den Seminarinhalten, der Selbsteinschätzung vor und nach dem Seminar, mehreren Wissensbausteinen zu Stimmphysiologie und -pathologie sowie Stimmhygiene und der Reflexion von Aha-Momenten im Seminar bilden die KSH-Videos ein zentrales Element des E-Portfolios in Form eines selbstreflektierten Stimmtrainings. In der Aufgabenstellung werden die Studierenden dazu eingeladen, drei verschiedene Workflows, bestehend aus einer jeweils festgelegten Abfolge von bis zu drei verschiedenen KSH-Übungsvideos, auszuprobieren. Sie sollen dabei ganz ehrlich aufschreiben, wie es ihnen mit den Übungen ging: „Wenn dich etwas nicht abgeholt hat oder du Schwierigkeiten beim Üben hattest, dann schreib das gerne genauso in die Textfelder! Hier gibt es kein Richtig und kein Falsch.“ (Portfolio, 2022, S. 10). Diese sehr freie Einladung zur Reflexion ist wichtig, um sich von der Vorstellung einer gewünschten Zielantwort zu lösen. Somit wird das subjektive Erleben ins Zentrum der Reflexion gestellt.

Idealerweise sollen alle Videos eines Workflows direkt hintereinander geübt werden. Dabei wird empfohlen, nicht mehr als einen Workflow pro Tag zu üben. Dieses Anwendungsszenario zeigt, dass die verschiedenen KSH-Ressourcen nicht nur isoliert oder im Gesamtzusammenhang als kompletter Onlinekurs geübt werden können, sondern dass es darüber hinaus auch möglich ist, einzelne Elemente zu einer beispielsweise 20-minütigen, ganzheitlichen Übungsabfolge zu kombinieren. Workflow 1 im Portfolio besteht z. B. aus den Bausteinen Haltung zeigen, Atem spüren, Stimme lockern I (ebd.). Dabei spiegelt sich das aufeinander aufbauende Prinzip der Funktionskreise Haltung – Atmung – Stimme wider.

2.3 Live-Einsatz im Seminar

Natürlich eignen sich die KSH-Ressourcen auf vielfältige Weise auch im Präsenzseminar. Neben dem gemeinsamen Anschauen der Wirkungsstrategie-Videos als Einstiegsimpuls in eine neue Thematik (z. B. Lampenfieber oder Kommunikation in schwierigen Situationen) können beispielsweise die Erklärvideos oder auch die Wissensquizze als eigenständige oder zusammenhängende Bausteine für Einzel- oder Gruppenarbeitssequenzen verwendet werden.

Zudem können alle Ressourcen auch als Hausaufgabe zur Vor- und Nachbereitung einzelner Seminarsitzungen eingesetzt werden. Somit werden bereits behandelte Seminarinhalte gefestigt oder zu behandelnde Inhalte so vorbereitet, dass die Studierenden sensibilisiert oder durch einen bestimmten Arbeitsauftrag mit bereits erworbenem Wissen in die kommende Sitzung starten können. Dafür eignen sich beispielsweise die Zusatzmaterialien wie die Anleitung zur Progressiven Muskelrelaxation (Vorbereitung des Sitzungsschwerpunkts Körperwahrnehmung) oder das Handout zur Stimmhygiene (Nachbereitung des Sitzungsschwerpunkts Stimmphysiologie und -pathologie). Gleichzeitig können aber auch die Übungsvideos zur Vor- oder Nachbereitung des entsprechenden Funktionskreises mitgegeben werden.

Der Einsatz der KSH-Übungsvideos live im Seminar liegt auf der Hand: Alle Übungsvideos eignen sich prinzipiell zum gemeinsamen Anschauen und Mitmachen. Dass die Anleitung der Studierenden dabei nicht durch die im Raum anwesende Lehrperson (diese sollte das Übungsvideo natürlich ebenso mitmachen wie die Studierenden), sondern durch die im Video zu sehenden Darstellenden erfolgt, bringt methodische Abwechslung und kann Hemmungen beim Üben abbauen.

Ein weiteres Einsatzszenario besteht darin, dass sich die Studierenden zu Hause mit einem speziell ihnen zugewiesenen Übungsvideo auseinandersetzen. Aus dem Video wählen sie eine einzelne Übung aus: möglicherweise die, die ihnen am besten gefallen hat oder bei der sie eine besonders interessante Beobachtung machen oder eine bestimmte Veränderung bei sich selbst feststellen konnten. Diese Übung sollen sie in der nächsten Seminarsitzung für ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen nach dem Prinzip Lernen durch Lehren (Martin, 2018) anleiten, was einen weiteren Gewinn von KSH offenbart: Die Zielgruppe wird neben dem Training der stimmlichen und körperlichen Schwerpunkte darüber hinaus auch befähigt, ihr eigenes didaktisches Können zu erproben und ihr Repertoire dahingehend zu erweitern.

Aus unserer Sicht ist der Live-Einsatz der KSH-Übungsvideos im Seminar das ideale Anwendungsszenario: Durch die Anbindung an ein Präsenzformat besteht die Möglichkeit eines direkten und individuellen Expert:innen-Feedbacks beim Üben, das für die Ausbildung einer physiologischen Sprechstimme unerlässlich ist.

KSH ging im März 2020 online und kommt seither in unterschiedlichsten Settings und Lehr-Lernformaten, nicht nur an der MLU, sondern auch an anderen Hochschulen, in der Lehrkräftebildung zur Anwendung. Nachfolgend werden Einblicke in die Nutzungsstatistik via YouTube Analytics sowie in bereits durchgeführte Bewertungsstudien von KSH aus Studierenden- und Lehrendenperspektive gegeben. In Abschnitt 3.4 werden weitere Evaluationsdesiderate formuliert.

3. Nutzung und Evaluation

3.1 YouTube Analytics

Ein Großteil der fertiggestellten Videos von KSH ging gerade rechtzeitig zu Beginn der Pandemie online. Da vielerorts die universitäre Lehre ad hoc auf digitale Formate umgestellt werden musste, griffen viele Kolleginnen und Kollegen im Bereich Sprechbildung dankbar auf das KSH-Material zurück. So wurde und wird mit KSH u. a. auch an den Universitäten Potsdam, Erfurt und Leipzig gearbeitet (Grehl & Lange, 2020, S. 48).

Die Zugriffszahlen des YouTube-Kanals (Stand 10/2023) zeigen, dass es seit März 2020 über 100.000 Aufrufe gab. Der Kanal wurde mittlerweile von über 734 Personen abonniert. Die erfolgreichsten Videos sind die Übungsvideos Haltung zeigen (8450 Klicks), Stimme lockern I (8100), Atem spüren (8000), Workout Lippen und Zunge (7800). Die Zielgruppe ist laut Angaben von YouTube Analytics zwischen 18 und 34 Jahren (84,6 %) alt, zu 66,9 % weiblich und zu 33,1 % männlich.

Die Daten zeigen, dass das Material intensiv genutzt wurde und wird. Dennoch bleibt die Frage offen, welcher Lerneffekt sich aufgrund der Arbeit mit den Videos tatsächlich einstellt. Stimme ist ein komplexes Themengebiet. Praktische Stimmübungen haben immer einen ganzheitlichen Charakter und werden von Lernenden beim ersten Versuch oftmals nicht korrekt umgesetzt. Eine Rückmeldung seitens Expert:innen ist hier in vielen Fällen hilfreich oder sogar unerlässlich, um potenzielle Fehler korrigieren zu können. Im Folgenden werden zwei Studien vorgestellt, die sich mit der Bewertung der Lernplattform aus Studierenden- bzw. Lehrendenperspektive auseinandersetzen.

3.2 Studie zur Gestaltung und Praktikabilität von KSH

Schon während der Projektlaufzeit konnten im Rahmen einer Abschlussarbeit erste Bewertungen von KSH durch Lehramtsstudierende und berufstätige Lehrkräfte erfasst und untersucht werden (Kullmann, 2019). Dabei bezog sich die Forschungsfrage zum einen auf die Bewertung der Gestaltung der Übungsvideos, zum anderen auf die Bewertung der Praktikabilität.

Kullmann (ebd., S. 50) entschied sich für eine quantitative Erhebung mittels standardisiertem Fragebogen, der schriftlich oder online durch die Proband:innen beantwortet wurde. Die Antworten zur gestalterischen Aufbereitung wurden in einer 4-stufigen Likert-Skala von trifft gar nicht zu bis trifft voll zu erfasst. Zum Aktivierungsgrad und zum möglichen Transfer in den Alltag wurden Entscheidungsfragen gestellt, wovon die Negierungen durch Begründungen als Mehrfachantwortmöglichkeiten aufgefächert wurden. Für die Untersuchung wurden die zwei Übungsvideos Stimme lockern I und Kiefer lockern ausgewählt. Befragt wurden 42 Lehramtsstudierende der MLU sowie 4 Lehrkräfte im Schuldienst in Halle und Leipzig.

Die Gestaltung beider Übungsvideos (Länge, Tempo der Inhaltsvermittlung, strukturierter Aufbau, Professionalität allgemein, technische Umsetzung, Sympathie für die anleitende Person und Aufmachung) wurde von den Befragten überwiegend als sehr gelungen bis gelungen bewertet (ebd., S. 55 ff.). Über 90 % der Proband:innen gaben an, während der Videos aufmerksam gewesen zu sein, und fast 80 % konnten die Übungen mitmachen. Knapp 20 % gaben an, sich während der Übungen aufgrund der fehlenden Rückmeldung durch Expert:innen unsicher gefühlt zu haben. 65 % der Befragten schätzten das Videomaterial als Ergänzung zur universitären Lehre als hilfreich ein, fast 59 % sahen die Nutzbarkeit für den späteren Beruf als gegeben (ebd., S. 61 f.).

3.3 Studie zum didaktischen Einsatz von KSH

In einer weiteren Abschlussarbeit wurden Lehrende der Universitäten Erfurt, Potsdam, Leipzig und Halle, die mit KSH im Kontext der Lehramtsausbildung gearbeitet hatten, um eine Einschätzung gebeten (Hardt, 2021). Die Befragung wurde mithilfe eines teilstandardisierten Fragebogens mit offenen und geschlossenen Fragen durchgeführt. Auf einer numerischen Intervallskala von 1 (negativ) bis 10 (positiv) gaben die Expert:innen Auskunft darüber, wie sie die Lernplattform in der Praxis eingesetzt haben und inwiefern die Studierenden aus ihrer Sicht ihre Lernziele mit KSH erreichen konnten (ebd., S. 16 f.).

Alle befragten Expert:innen empfanden den Einsatz des KSH-Materials in ihrer Onlinelehre als sehr unterstützend. Vor allem die Professionalität und die inhaltlich-fachliche Passgenauigkeit waren hierbei ausschlaggebend (ebd.). Die kompakte Spieldauer der Videos wurde positiv erwähnt, ebenso die Vielseitigkeit des Materials. Die positive Evaluation bezog sich ausnahmslos auf alle Übungsvideos der Lernplattform. Hardt konnte weiterhin zeigen, dass alle befragten Sprechbildner:innen das Material auch für ihre Präsenzlehre einsetzen würden: obligatorisch und ergänzend zur Lehre, als Wiederholung bzw. vor- und nachbereitend für zu Hause. Das Feedback der Studierenden zum KSH-Material schätzten die Expert:innen als positiv ein. Eine Probandin schrieb, dass die Studierenden in der Unterrichtsevaluation angaben, mit dem Material „mehr als zufrieden“ zu sein (ebd., S. 30).

3.4 Zusammenfassung und Ausblick

Auf Grundlage der oben beschriebenen Studien lässt sich zusammenfassen, dass KSH sowohl aus Studierenden- als auch aus Lehrendensicht gewinnbringend angewendet wurde und wird. Dies bestätigen auch zahlreiche Rückmeldungen aus LSQ-Seminarevaluationen, in denen die Materialien der Lernplattform häufig als „hilfreich“, „gut aufgearbeitet“ und „anschaulich“ beschrieben werden (Evaluationsbericht, 2021, S. 6 ff.). Allerdings liegen noch keine aussagekräftigen Daten zur Wirksamkeit der Videos vor. Aus diesem Grund ist derzeit eine Studie in Arbeit, die die Wirksamkeit der einzelnen Übungsvideos in den Blick nimmt. Dazu werden Lerntagebucheinträge aus 100 Reflexions- und Arbeitsheften des asynchronen Kurses LSQ Kommunikation und Stimme digital (siehe Abschnitt 2.1) mittels qualitativer Inhaltsanalyse (Kuckartz, 2018) analysiert und evaluiert.

4. Fazit

Insgesamt zeigen die Nutzungsdaten, Rückmeldungen und Untersuchungen zu KSH, dass das Material sehr gut dazu geeignet ist, Grundlagen zu vermitteln. Durch die Vielfältigkeit, die ansprechende Aufbereitung sowie die Nähe zu den Mediennutzungsgewohnheiten der Studierenden ist die Lernplattform niedrigschwellig und vielseitig einsetzbar und findet viele Anknüpfungspunkte in der Lehrkräftebildung. Für vertiefende und komplexere Anwendungen reicht die Rezeption der Videos jedoch nicht vollumfänglich aus: Erstrebenswert ist immer die Anbindung an ein Präsenzformat, bei dem die Möglichkeit eines direkten und individuellen Feedbacks durch Expert:innen besteht. Dennoch können sowohl Studierende als auch Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst oder im Beruf durch KSH für ihre Stimmgesundheit und ihren Körperausdruck sensibilisiert werden. Somit kann die Selbstlernplattform ein Türöffner sein und als erste Anlaufstelle verstanden werden, die motivierend auf die Lernenden wirkt, sich weiterhin eingehend mit der eigenen Stimme und der kommunikativen Wirkung zu beschäftigen. Einsetzbar ist die Lernplattform auch als unterstützende Ressource für Beratungsgespräche zwischen Mentor:innen und deren Mentee in Praktika und im Vorbereitungsdienst. Darüber hinaus zeigen Rückmeldungen, dass die Motivation der Lehrenden steigt, Stimm- und Entspannungsübungen direkt in die Klassen zu tragen und zur Unterrichtsgestaltung zu nutzen. Es ist angedacht, weitere Evaluationen von KSH auch mit Lehrkräften aus der zweiten und dritten Phase durchzuführen und dabei vor allem die Langzeitwirkung des Trainingsprogramms in den Blick zu nehmen.

Literatur

Fuchs, M. (2016). Klinische Aspekte von Stimmerkrankungen bei Pädagogen – Fallvorstellung und Diskussion. In M. Fuchs (Hrsg.), Die Stimme im pädagogischen Alltag. Kinder- und Jugendstimme 11 (S. 99–114). Logos.

Gebauer, M. L., Grehl, M. M. & Lange, F. (2022). LSQ Kommunikation und Stimme – asynchron digital. Evaluationsergebnisse und Desiderate eines neuen Kursformats. In M. Ballod & K. Heider (Hrsg.), Lehren für eine Bildung in der Digitalen Welt. Hallesche Beiträge zur Lehrerinnenbildung 5. (S. 23–24). http://dx.doi.org/10.25673/96518

Grehl, M. M. & Lange, F. (2020). Körper, Stimme, Haltung online trainieren. Sprecherziehung und Kommunikation in der digitalen Lehrer*innenbildung. Zentrum für Lehrer*innenbildung Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Hrsg.), Digitale Medien in der Lehrer*innenbildung. Eine Sammlung von Good-Practice Beispielen der Martin-Luther- Universität Halle-Wittenberg. Hallesche Beiträge zur Lehrer*innenbildung 3 (S. 48-49). https://wcms.itz.uni-halle.de/download.php?down=57460&elem=3335610

Guo, P. J., Kim, J. & Rubin, R. (2014). How video production affects student engagement: An empirical study of MOOC videos. Proceedings of the first ACM conference on Learning @ scale conference March 2014 (S. 41–50). https://doi.org/10.1145/2556325.2566239

Hardt, G. (2021). Online-Sprechbildung in der Lehramtsausbildung. Eine empirisch-theoretische Untersuchung zu ersten Rückmeldungen zur Arbeit mit dem Material der Online-Plattform Körper·Stimme·Haltung – Wirkungsstrategien für Lehrer*innen. BA-Arbeit Halle (Saale). (Mskr.)

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Weitere Quellen

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Evaluationsbericht 2021 = Bereich Evaluation (2021). Bericht zur Lehrveranstaltungsevaluation LSQ (A) asynchroner Kurs im Sommersemester 2021. Bereich Evaluation am Prorektorat für Studium und Lehre der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle. https://cloud.uni-halle.de/s/XpKoDAsTxvo3BJF (02.10.2023)

KSH 2020 = Körper·Stimme·Haltung. https://koerperstimmehaltung.zlb.uni-halle.de/ (02.10.2023)

Portfolio 2022 = Arbeitsbereich Kommunikation und Stimme (2022). LSQ Kommunikation und Stimme – asynchron digital. Portfolio im Modulteil Kommunikation und Stimme des Lehramtsspezifischen Schlüsselqualifikationsmoduls Kommunikation, Heterogenität und Inklusion (LSQ-Modul). Arbeitsbereich Kommunikation und Stimme am Zentrum für Lehrer*innenbildung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. https://cloud.uni-halle.de/s/MyOxJuRmaWnCdZk (02.10.2023)

 

Autorinnen

 
 

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Maria Luise Gebauer

Maria Luise Gebauer ist Sprechwissenschaftlerin und arbeitet als Lehrkraft für besondere Aufgaben am Zentrum für Lehrer*innenbildung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg im Bereich Kommunikation und Stimme. Sie ist autorisierte Linklater-Stimmtrainerin (Designated Linklater Teacher). Ihre Arbeitsschwerpunkte und Forschungsinteressen sind: Stimmfeldmessung, Körper- und Stimmarbeit, wertschätzende Gesprächsführung sowie Feedback in Lehr-Lernsituationen.

Arbeitsort: Halle

E-Mail: luise.gebauer@zlb.uni-halle.de

Postanschrift: Martin-Luther-Universität, Zentrum für Lehrer*innenbildung, Dachritzstr. 12, 06108 Halle

 
 
 

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Maxi Mercedes Grehl

Maxi Mercedes Grehl ist Sprechwissenschaftlerin, arbeitet am Zentrum für Lehrer*innenbildung an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und ist dort gemeinsam mit ihren Kolleginnen verantwortlich für das Seminar Kommunikation und Stimme. Sie war maßgeblich an der Konzeption und Durchführung des Onlinekurses Körper·Stimme·Haltung beteiligt. Freiberuflich arbeitet sie als Kommunikationstrainerin, Theaterpädagogin und systemische Beraterin.

Arbeitsort: Halle

E-Mail: maxi.grehl@zlb.uni-halle.de

Postanschrift: Martin-Luther-Universität, Zentrum für Lehrer*innenbildung, Dachritzstr. 12, 06108 Halle

 
 
 

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Friderike Lange

Dr. Friderike Lange hat in Halle Sprechwissenschaft studiert und wurde dort 2015 promoviert. Sie arbeitet als Lehrkraft für besondere Aufgaben am Zentrum für Lehrer*innenbildung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg im Bereich Kommunikation. Ihre Arbeitsschwerpunkte und Forschungsinteressen sind: Stimme und Stimmgesundheit von Lehrkräften, Standardaussprache, Kommunikation und Feedback als Haltung.

Arbeitsort: Halle

E-Mail: friderike.lange@zlb.uni-halle.de

Postanschrift: Martin-Luther-Universität, Zentrum für Lehrer*innenbildung, Dachritzstr. 12, 06108 Halle

 
 
 

Kontakt

„Sprechen & Kommunikation – Zeitschrift für Sprechwissenschaft“ wird herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Sprechwissenschaft und Sprecherziehung e. V.

www.dgss.de

Erschienen am: 26.10.2023

 
 
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